Sobald man vor den großformatigen Gemälden der chinesischen Malerin Mingchu Lin steht wird die visuelle Wahrnehmung der Betrachter herausgefordert. Die Farben bewegen sich, die Formen flimmern – die Komposition ist im Prozess, aber trotzdem ruhig, stimmig und in sich selbstverständlich. Um sich zu vergewissern geht man näher ans Bild, geht wieder zurück, versucht genau hin zu schauen, kneift die Augen zu und lässt den Blick über das Bild schweifen. Die Bildstruktur ist komplex – ohne Frage – und auch die Technik ist raffiniert. Man beginnt zu analysieren, sieht gebrochene Formen, die in ganze Kompositionen übergehen, es fließt Farbe als Farbe, dann wieder als Form – mal denkt man an Sprödigkeit, meistens aber an Hochglanz. Transparent und pastos sind die Schichten, wie viele es sind – schwer zu sagen. Wo endet der Bildraum und wo beginnt die Leinwand? Man erkennt subversive Gestaltungsstrategien, die die Sprache der Malerei befragen und ihr gleichzeitig huldigen- Strukturen die einander plausibel machen und einander widersprechen. Irgendwie fertig und irgendwie erst im Begriff zu werden. So wie die Komposition beginnt auch die Wahrnehmung zu changieren – irgendwo zwischen analytischer und kontemplativer Betrachtung hakt man schließlich ein.
Mingchu Lin lebt seit 12 Jahren in New York City. Die Bilder stammen aus ihrer Masterthesis, die sie im November 2010 am Hunter College in NYC eingereicht hat. Die MFA Thesis Exhibition läuft noch bis zum 15. Januar 2011 am Hunter College.